Auf Kur in Bad Schönau haben mich auf dem Spaziergang vom Friedhof zum Dorf hinunter abstruse Gedanken erheitert: Was passiert eigentlich, wenn hier ein Sarg den Hang hinunterrutscht? In kindlicher Gemütsverfassung habe ich meiner Seele Freiraum gelassen. Entstanden ist ein weiteres Lied und — es geht natürlich wieder einmal um den Tod, was angesichts eines Friedhofes nicht weiter verwunderlich sein darf.

Dem Lied Wos kana woit Gehör schenken

Die Aufnahme dieser Moritat ist beim Abschlusskonzert des Schrammelworkshop in Litschau am 11. JUL 2024 entstanden. Unterrichtet haben mich Klemens Lendl und Peter Havlicek.

Der Text des Liedes

Ein Mann aus Wien hat sich zur Kur nach Bad Schönau begeben.
Da is passiert, wos kana woit: Er haucht dort aus sein Leben.
Die Frau besucht ein letztes Mal den Gatten in dem Ort
und, weil am Friedhof Platz noch ist, lässt ihn begraben dort.

Zum Friedhof führt ein steiler Weg. Sie zieh’n die Leich bergan.
Da is passiert, wo kana woit: Der Sarg löst sich sodann.
Ein zweites Mal verliert sie ihn und ruft, geh, rennts eam nach!
Er brettert durch die dreiss’ger Zon‘ und land’t im Zöbernbach. (1)

Sei Leich in an Soag schwimmt davon, brennt duach, lossd si treibm vom Leem.
Sei Sö gschbiads und dsagt eam den Oat, da Dsöban, dea trogd eam heit foat.

Ein Niederschlag, ein Ungemach, dass jedem davor graust.
So is passiert, wos kana woit: Der Sarg den Bach verklaust.
Das Ufer ist nicht mehr zu seh’n, der Noah überall,
die Häuser, das Gemeindeamt, voll Wasser jeder Stall.

Ein Unglück kommt ja nicht allein, als wär‘ das nicht verboten.
So is passiert, wos kana woit: Es gibt auch noch an Toten.
Jetzt reichts! Mit letzter Kraft man sprengt die Überführ entzwei.
Da lösen sich die Fluten schnell, der Sarg ist wieder frei.

Sei Leich in an Soag schwimmt davon, brennt duach, lossd si treibm vom Leem.
Sei Sö gschbiads und dsagt eam den Oat, da Dsöban, dea trogd eam heit foat.

Durch Güns und Raab zum Donaustrom den weiten Weg er fand.
Duat is passiert, wos kana woit: Er klemmt im Schubverband.
In Wien, im Hafen staunt man sehr ob dieser selt’nen Fracht,
die diese Schiffe unbemerkt aus Ungarn mitgebracht.

Nur, niemand weiß, wem sie gehört, bis in der Zeitung steht:
Ein Sarg plus Inhalt angespült und wem die Fracht abgeht.
Da meldet sich die Gattin schnell, erfreut ob solcher Zeilen.
Jetzt kann mein Mann in sel’ger Ruh‘ in seiner Stadt verweilen.

Sei Leich in an Soag schwimmt davon, brennt duach, lossd si treibm vom Leem.
Sei Sö gschbiads und dsagt eam wohin. Ja, ham hod a woin in sei Wien.

Bad Schönau

Ja, tatsächlich betonen die Einheimischen den Ortsnamen auf der zweiten Silbe: Bad Schönau. Trotz dieses Liedes — der Kurort ist sehr empfehlenswert. Man stirbt keinesfalls, auch ich bin wohlbehalten nach Hause zurückgekehrt.

Ausgedehnte Spaziergänge, schöne Wanderwege, den Mount Everest der Buckligen Welt in erreichbarer Nähe: der Hutwisch mit seinen 896m. Wirklich hügelig hier, das muss man wollen. Auffällig das Vogelgezwitscher, von 4 Uhr morgens bis nach 21 Uhr abends.

 

Das Vorkommen von Kohlensäuregas verleiht dem Heilort seine Spezialität und das dortige Sconarium berichtet ausführlich über die Heilwirkung des selbigen.
Kultur gibt es in reichlichem Maße, im Ort und in der Umgebung. Ein Abend mit Timna Brauer lässt einen gebannt der Lebensgeschichte „Die Farben meines Lebens“ ihres Vaters Arik Brauer lauschen. Das Erzähl-Festival ist fixer kultureller Bestandteil. Peter Cornelius und seine Band füllen das Passionsspielhaus in Kirchschlag. Bekannt ist dieser Ort eben auch für die Passionsspiele. Folke Tegetthoff hat in vielen seiner geraden Zeilen die Bucklige Welt beschrieben.

Die Kur

Die GVA, die Gesundheitsvorsorge Aktiv (2), zieht sich einen roten Faden durch alle Therapien mit dem Tunwort „bewegen“. Die für mich erstaunlichste Tatsache ist, dass von dieser einfachen und billigen Medizin in Österreich so wenig Gebrauch gemacht wird. Ein Grund dafür mag darin liegen, dass dazu eine sehr kostbare Ressource verwendet werden muss: Zeit.

A scheene Kua is ja auch a Dsäsua.

 

XAIPE, Stefan Vetter.
2024-06-09.

 

Anmerkungen

(1) Der (neue) Friedhof des Ortes ist auf einer Anhöhe angelegt worden und die Gebotstafel mit besagter Geschwindigkeitsbeschränkung hat (zumindest zum Zeitpunkt der Entstehung des Liedes) den Tatsachen entsprochen.
(2) Ein Tippfehler beschert mir das Wort „Gesundehits“. Gesunde Hits, eine neue musikalische Herausforderung. Wie vertont man eine Kur?
(3) Die Aufnahme des Liedes ist am 11. JUL 2024 beim Abschlusskonzert des Schrammelworkshop entstanden. Deren Qualität ist meinen Gegebenheiten angepasst.
(4) Das Titelfoto zeigt den Erlenbach, einen Zulauf des Zöbernbaches.

Composition, recording, Foto
(c) 2024 Stefan Vetter.

Über den Autor
Stefan Vetter komponiert und musiziert seit seinen Jugendjahren. Erst mit dem Jahr 2021 hat er begonnen, seine Lieder systematisch zu sortieren und so einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen.

Pin It on Pinterest